Baby Lou war jahrelang eine der meist tourensden Bands des Saarlandes. Wenige Orte gibt es an denen sie nicht waren, egal ob England, Spanien, Transilvanien oder Brasilien – Baby Lou waren da! Im Saarland haben sie sich dann leider, vor allem gegen Ende, viel zu rar gemacht! Zwei Alben, einen Haufen Splits/Singles und eine 10″ hatten die Jungs auf dem Kärbholz, einen Sound den man mit keiner anderen Band vergleichen kann wurde von Baby Lou gespielt. Mit einer Träne im Auge präsentieren wir euch Sänger/Gitarrist Marcos zehn Lieblingsalben:

11. PIEBALD – WE ARE THE ONLY FRIENDS WE HAVE (2002 Defiance Records)

Niemand singt so schön am Anschlag wie Travis Shettle. Eigentlich sollte hier das teilweise noch verspieltere Vorgängeralbum „If It Weren’t For Venetian Blinds It Would Be Curtains For Us All“ aus dem Jahre 1999 stehen, allerdings musste ich mich in letzter Sekunde doch noch zu Gunsten von o.g. Album um entscheiden. Zu viele „all time faves“ tummeln sich auf dieser Platte und schließlich konnte „The Bald“ ausreichend Vertracktheit und auch etwas Rotz aus Ihren anfänglichen Screamo Tagen mit auf diesen Meilenstein packen. Pures Emo-Gold.
Piebald tourten mit der Platte wie wild und so kam es, dass sie zwischen 2002 und 2003 gleich zweimal in Blieskastel gastierten (08.02.2002 u. 10.05.2003).
That’s when i fell in love!!!
Long nights, Hard times…meine absolute Nummer Eins.

22. THE WOHLSTANDSKINDER – EN GARDE (2000 Vitaminepillen Records)

Zwischen 1998 und 2000 (quasi während des Milleniumtaumels) entstand das, was wir heute rückblickend als das Goldene Zeitalter der „Leoparden-Gitarrengurte“feiern. In jener Zeit fanden sich „The Wohstandskinder“ in einer Schaffensperiode wieder, in der sie gleich 2 Alben von unschätzbarem Wert gebaren. Zwei Alben die meine Idealvorstellung von Songwriting neu definierten – Delikatessen 500SL und En Garde. Am 28.10.2000 sah ich WSK zum ersten mal im AJZ Homburg und nicht nur mein zu üppig aufgetragenes Augen-Make-Up erwirkten bei mir feuchte Augen. Es waren sicher auch die teils musicalesk anmutenden Melodien gepaart mit einem pumpenden Punkbrett angepeitscht von einem koplett irren Typen am Schlagzeug der sich selbst „Don Ludger de la Cardeneo“nannte.
En Garde – was für ein Albumtitel. Für mich wirkten die Platte wie eine Kampfansage an all die Tobias-Scheisse-Klone da draußen. 16 Songs über die wirklich wichtige Dinge wie z.B. Sonnenbrillengestelle und allen voran ein Opener der WSK bis zu Ihrer Abschiedstour 2005 als Live-Intro begleiten sollte. „Am Ende nichts, nur Momente die du nie vergisst“.
Große Gefühle noch größere Gesten und magische Momente und alles auch noch tip-top stilsicher.
Selbst die Tatsache, dass ich um das Jahr 2014, zusammen mit „Don Ludger de la Cardeneo“ auf meiner Wohnzimmer-Couch die WSK DVD „Zwischen Image und Gewohnheit“ schaute und ich aus erster Hand jede Menge erschreckende Zusatzinformationen, in Form des ludgerschen Live-Audio-Kommentars bekam, konnte mein WSK-Luftschloss nicht zum Einsturz bringen.

33. WEEZER – PINKERTON (1996 Geffen)

Ein Album wie eine sternklare Nacht im Nord-Yatsugatake. Ich frage mich was ich damals wohl fühlte, beim Erstkontakt mit diesem Album. Ich war jung, die erste Metallica Phase hatte ich gerade hinter mir gelassen und ich glaube ich war sehr oft krank.
Ich machte ein Baustellenpraktikum im Winter und es war die Hölle. Ich sehe meinen geschundenen, bebrochenen Kinderkörper auf dem Boden meines Jugendzimmers vor mir, meine blutverkrusteten Bauarbeiterhände sich in den blau melierten Teppichboden krallen, als aus den Boxen Rivers Stimme „I’m tired, so tired…“ zu mir sprach… „I’m tired of having sex.“. Sex hatte ich noch keinen oder gerade damit angefangen aber ich war zumindest ausgebrannt und müde und es war Winter. Genau wie auf dem Cover. Und ich war allein…denn Kopf nach unten gesenkt, vor einer Felswand im Nord -Yatsugatake.

44. HAMMERFALL – GLORY TO THE BRAVE (1997 Nuclear Blast)

Zwischen Oktober und Ostern wird es Zeit für die Winterreifen, besagt eine alte schwedische Bauernweisheit. So kommt es, dass jedes Jahr nach dem Wintercheck das Debütalbum von Hammerfall aus Göteborg, im signal-orangenen Fantasyartwork von Andreas Marschall seinen Weg in meinen Pkw findet. Erster Schneefall = When The Dragon Lies Bleeding.

55. DIESEL BOY – RODE HARD AND PUT AWAY WET (2001 Honest Don’s Records)

Im Laufe der Zeit wurde zwar Diesel Boy’s zweites Album „Venus Envy“ immer wichtiger für mich, kam aber doch nie ganz an die Klasse von „Rode Hard And Put Away Wet“, ihrem letzen Album, herran. Zu Recht bezeichnete die Band jenes Album in einem Statement auf der Seite von Honest Don’s Records als Ihre „Mona Lisa“. Was zuvor schon auf „Sofa King Cool“ (bitte schnell aussprechen), im Songwriting andeutungsweise umgesetzt wurde, hat Diesel Boy hier auf die Spitze getrieben (teilweise sogar übertrieben) und genau das macht den Zauber dieses Albums aus. Ob in harten, soften, schnellen oder langsamen Momenten, diese Platte ist durch und durch intensiv und kommt einem letzten Aufbäumen der Band vor Ihrer Auflösung gleich. Die Parts scheinen sich schier aneinander zu reiben. Eingängige Parts werden von schnellen Melodycore-Parts abgelöst. Emo-Parts werden von Wah-Wah-Sounds kaputt gemacht. Außerdem wurde der beste Jawbreaker Diss der Musikgeschichte hier vertont. Es is einfach nur geil!!! Ryan Green Produktionen sind eh die besten.

66. TRAVOLTAS – TEENBEAT (2000 Vitaminepillen Records)

…und dann gibt es natürlich auch Platten für die warme Jahreszeit zwischen Ostern und Oktober. „Plenty of sunshine…“ wird schon im, als Wettervorhersage getarnten Intro angekündigt. Zehn Pop-Hits im Surf-Punk-Gewand straight outta Holland (Vitaminepillen Qualität as usual).

77. LAST DAYS OF APRIL – ASCEND TO THE STAR (2002 Bad Taste Records)

Genau so will ich schwedischen Emo-Pop haben. Gibt es was Besseres aus diesem Genre?
 

88. GOOD CLEAN FUN – ON THE STREETS SAVING THE SCENE FROM THE FORCES OF EVIL (1999 PHYTE RECORDS)

„Shopping for a crew“ oder „On the streets…“? Fuck!!!
Die Wahl fiel auf die zuletzt genannte Scheibe weil ich dieses Album zuerst auf Vinyl hatte und Victory Records hier hart abgedisst wird. Alben hin oder her, das überwältigende an GCF waren sowieso immer ihre Live Shows und eigentlich müsste eher das streng limitierte Live Album „Live in Springfield“ von 2001 (mit 3D Brille und Cover) hier aufgeführt werden. Selten hat mich eine Band Live so sehr angesprochen und mich mit tonnenweise Charme und ihren cleveren, ironischen Lyrics so fürs Leben geprägt. Kein Witz. Danke Mr. Issa. Self-Righteousness is fun. Go!
(GCF spielten übrigens im Jahr 2000 ziemlich genau 185 shows in 25 verschiedenen Ländern mit 4 verschiedenen Gitarristen und 5 verschiedenen Band Line-Ups und verbrachten dabei nur 7 Nächte in einem Hotetl oder Hostel)

99. PUR – SEILTÄNZERTRAUM (1993 Intercord)

1993 stand Pur vor einer der wohl schwierigsten Kapitel Ihrer Karriere. Nach einer extrem erfolgreichen ersten Live-Platte stand man unter enormen Druck einen Studionachfolger zu präsentieren. Mit Songs wie „Hör gut zu“, „Indianer“ und „Sie sieht die Sonne“ bewiesen Pur, dass solche Diamanten anscheinend nur unter hohem Druck entstehen können. Und einhergehend mit einer kristallklaren Produktion versprühten die Lieder allesamt eine gewisse Aufbruchstimmung wie sie anfangs der musikalischen 90er in den verschiedensten Genres greifbar gewesen war.
Mit „Neue Brücken“setzen Pur ein Zeichen gegen „Ausländerfeindlichkeit“ und für ein positives Grundgefühl von Toleranz, Respekt und zwischenmenschlicher Achtung. Hartmund Engler wirkt teilweise angepisster als Henry Rollins und wird im Kontrast zu dem mitreißenden, von Hoffnung getragenen Refrain, in den Strophen sehr, sehr deutlich:
„Der Scheich ist hochwillkommen wenn er für Panzer Dollars gibt, sein Landsmann auf der Flucht vor Folter ist weniger beliebt.“ „Die Tür ist schnell verriegelt. Ist das kein Asylbetrug? Die paar gutgemeinten Lichterketten waren noch lange nicht genug“
(Tip: Der Text zu „Der Mann am Fenster“ stammt übrigens von Reinhard May)

1010. STATUES ON FIRE – PHOENIX (2014 Rookie Records)

Vielleicht bin ich bei dieser Platte zu sehr befangen, weil mich mit allen Bandmitgliedern eine enge Freundschaft verbindet. Aber wenn man sich den ständig wachsenden Bekanntheitsgrad der Band, weltweit ansieht kann ich mit der Einschätzung, dass diese Platte/ die Band etwas wirklich Besonderes ist, wohl kaum falsch liegen.
Schließt man die Augen kann man die endlosen Häuserschluchten Sao Paulos, den „Struggle“ und den „Fight“ in den Armenvierteln, die wie ein Fußabtreter vor den Hochglanzfassaen liegen förmlich sehen. Man kann die Helicopter am Himmel und die waghalsigen Scooter-fahrer in den Straßen hören, die sich durch kleinste Lücken im staugeplagten Statdtverkehr quetschen. Man will sich ins wuselige Treiben von Santo André und Mooca stürzen, Freunde in Bars treffen und auf Shows gehen. Und danach zu den besten Wahl-Eltern der Welt nach Hause gehen.
Tja, zumindest geht es mir so wenn ich, während ich Phoenix höre die Augen schließe.
Let me see…hmm, yes! Statues on Fire vereinen alles was sich an Punkrock schätze und liebe.
(Album Nummer 2 steht schon in den Startlöchern und kommt in der 2ten Hälfte 2016)
Alternative Top 10:

  1. IN MY EYES _ THE DIFFERENCE BETWEEN
  2. THERMALS – DESPERATE GROUND
  3. RANDY – YOU CAN’T KEEP A GOOD BAND DOWN
  4. LAGWAGON – LET’S TALK ABOUT FEELINGS
  5. BLIND GUARDIAN – NIGHTFALL IN MIDDLE EARTH
  6. MILLENCOLIN – LIFE ON A PLATE
  7. ADOLAR – DIE KÄLTE DER NEUEN BIEDERKEIT
  8. ECHT – RECORDER
  9. GHOST OF THOM JOAD – BLACK MUSIK
  10. JR EWING – RIDE PARANOIA

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