Fahnenflucht – Angst Und Empathie ::: Review (2016)

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Rykers

Punk und Politik gehören für mich so zusammen wie Bud Spencer und Terence Hill, Bratkartoffeln und Zwiebeln oder aber „leider“ auch Bier und Konzerte. Nun werden wahrscheinlich nicht wenige von euch sagen, dass Punk nicht rein politisch zu sehen ist, sondern auch ein wichtiges Instrument zum Ausdrücken vielfältiger Gefühle ist und diesem kann ich auch nur zustimmen und dennoch ist die Existenz von Punk für mich eher ohne Liebe, Trauer oder auch Schwachsinn vorstellbar, als ohne Politik. Mag es nun daran liegen, dass ich älter und somit evtl. auch engstirniger und penibler geworden bin, aber in den letzten Jahren suchte ich gerade im Deutsch gesungenen Punkrock schwerlich die Regale meiner Plattenhändler nach Polit-Alben ab, die sich zu Alben wie Slime´s Schweineherbst, …but alive´s Für Uns Nicht oder auch Dritte Wahl´s Nimm Drei in die obere Liga dieses Genre´s gesellen  konnten – Alarmsignal´s Viva Versus mal ausgenommen.

Review zum neuen Album von Fahnenlfucht

Eine Band die aber immer wieder Scheiben ablieferte, welche in den oberen Riegen mitspielten, ist die ursprünglich aus Rheinberg stammende Formation Fahnenflucht.
Fahnenflucht - BandSeit ihrer Gründung im Jahre 1996 haben sie nicht nur etliche Beiträge zu den wohl größten Deutschpunk-Samplern beigesteuert, sondern mit Alben wie Schwarzmaler oder auch Beissreflex wirkliche Polit-Dauerbrenner abgeliefert. Wobei es sich bei Fahnenflucht doch immer etwas anders darstellte, als bei ihren voran genannten Kollegen – haben sie sich doch nie merklich in die Szene gedrängt oder sich gar selbst einen Stempel aufgedrückt. Eher im Gegenteil, denn von Szenereglements oder auch Szeneuniformierungen haben sie sich doch eher immer fern gehalten.
Nicht zuletzt aus diesen Gründen fieberte ich schon seit geraumer Zeit einer neuen Veröffentlichung der Jungs vom Niederrhein entgegen, denn seit Schwarzmaler sind mittlerweile auch schon wieder fünf Jahre ins Land gezogen und wenn ein Genre in diese Zeiten wohl mehr als genug Stoff zum „Vertexten“ bietet, dann ist das wohl der Polit-Punk.
Aber nun wird die Uhr ja wieder auf null zurück gedreht, denn mit Angst Und Empathie gibt es neue Klänge aus dem Hause Fahnenflucht – also Anlage auf Laut gedreht, das Booklet zur Hand genommen und die Denkerstirn in Falten gelegt. Doch diese Falten werden einem direkt von den einsetzenden Klängen des Openers weggeblasen. Lichterketten eröffnet mit Fahnenflucht typisch ausgefeilten Texten und geht mit nicht minder bekannter Nachdringlichkeit und Aggression ans Werk, wobei mein Ohr neben dem Text vor allem der Rhythmusfraktion und dem darauf passgenau liegenden Gitarrenspiel folgt, denn diese Spielraffinesse fand ich ehrlich gesagt bisher bei noch keinem Fahnenflucht Album in dieser Art vor.
Diese Spielfreude und merklich gewachsene Produktion zieht sich durch die noch zwölf folgenden Tracks auch wie ein roter Faden und weiß zu gefallen – nicht ein Titel lässt bei mir so etwas wie Tristesse aufkommen, wobei mich natürlich manche Titel mehr kriegen als andere, wie z.B. der Opener Lichterketten.
Aber auch dieser Titel wird in der Folge noch von den Tracks Kapital und Kind abgelöst. Letztgenannter kommt zu Beginn in einem etwas anderen Klanggewand daher und lässt einem am Ende mit so manch offener Frage zurück, was einem aber auch mal etwas Zeit zum Durchatmen lässt, denn wenn eines auf diesem Album nicht gedrosselt wird ist es das Tempo.
So wie auch bei meinem persönlichen Höhepunkt Kapital, bei dem sich neben dem großen musikalischen gefallen auch wunderbar zeigt, warum Fahnenflucht und eben auch ihr neues Album „Angst Und Empathie“ doch etwas anders sind, als viele ihrer Genrenachbarn mit ihren Veröffentlichungen.
Hier werden nämlich nicht nur die auserkorenen Hauptgegner wie Kapitalismus, Engstirnigkeit und Intoleranz  oder Tatsachen wie Flucht und Vertreibung auf unseren viel zu fett gedeckten Tisch gebracht, sondern es kommen auch die Auslöser zur Sprache, welche wir nur allzu gern vergessen.
Und eben genau dieses ist es, was dieses Album auch ausmacht: Es wird der Zeigefinger nicht einfach nur erhoben oder in einen Mittelfinger gekehrt, sondern mit Salz in die eigene Wunde gelegt, um auch mal hinter sein eigenes Handeln ein großes Fragezeichen zu setzen.

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