Mitte der 90er fanden sich in der Hansestadt Hamburg vier illustre Gesellen zusammen, um uns fortan unter dem Namen RANTANPLAN ordentlich den Marsch zu blasen.
Und eben diese Mannen, haben nun mit „Licht und Schatten“ ein neues Werk vorgelegt, welches sich – wenn auch etwas ruhiger – nicht wirklich hinter seinen Vorgängern verstecken brauch.
Mittlerweile rocken wir mehr, als wir punken. Na und?
Interview mit Gründungsmitglied, Sänger und Gitarrero Torben
AFL: Euer neues Album „Licht Und Schatten“, zu welchem ich euch an dieser Stelle erst einmal gratulieren möchte, ist etwas ruhiger ausgefallen, als andere Rantanplan-Platten; war das nur die Lust auf Veränderung oder fehlt euch auch manchmal die Wut, die man doch eher in jüngeren Tagen mit sich rumgeschleppt hat?
Torben: An Wut mangelt es leider nicht. Rantanplan Songs sind für mich nach wie vor zur Kompensation von Aggressionen. Ausdruck meiner Ohnmacht gegenüber dieser kalten kranken Welt.
Ich werde zwar irgendwann auf der Bühne verrecken, aber hoffentlich noch nicht morgen. Ich muss nicht mehr Hochgeschwindigkeits-Skapunknummern an Hochgeschwindigkeitsnummer klatschen. Ich möchte nicht auf der Stelle treten. Mittlerweile rocken wir mehr, als wir punken. Na und? Der Power nimmt das nix! Intensität läuft bei uns nicht unbedingt über Speed. Message und im Groove manifest, das ist der Shit.
AFL: Dieses Jahr begeht ihr euer 22stes Jubiläum…ist da zum Schnapsjahr was Besonderes angedacht?
Torben: Könnte sein, wir trinken noch mehr.
AFL: Könnt ihr euch noch an den ersten Moment erinnern, an dem ihr mal gemerkt habt, dass das Musikmachen manchmal auch mehr Job als Hobby ist bzw. sein kann?
Torben: Aua. Hobby ist ein ekeliges Wort. Aber ich weiß, was du meinst. Natürlich ist alles was man intensiv macht anstrengend und führt auch mal an den Rand. Trotzdem ist das künstlerische Dasein meine einzige Möglichkeit auf diesem schrägen Stern halbwegs klarzukommen und nicht in Kriminalität abzudriften. Ich würde aufhören, wenn ich’s könnte. Es ist auch ungesund.
AFL: Ebenso wie ihr müssen sich hin und wieder auch diverse andere Ska-Bands mit Mitgliederwechseln auseinandersetzen. Liegt das vielleicht auch etwas an der instrumentalen Bandbesetzung oder den Bandgrößen?
Torben: Unbedingt. Endlich mal jemand, der es blickt. Bläser sind teuer und spielen mit jenem und jeden. Wie die Karnickel untereinander möchte man meinen.
Rantanplan ist eine Schwellenband. Es ist zum Leben zu wenig und zum Sterben Zuviel.
AFL: Gab es auch mal Momente, als eine Umbesetzung die Band zu teilen drohte?
Torben: Ich war schon dreimal an dem Punkt, wo ich alles hinschmeißen wollte. Zum Glück hat mir immer irgendwer gut zugeredet, oder Wido hatte ozmäßig Besetzungszauberei betrieben.
AFL: Im Song „Revolution (Emma G)“ sprecht ihr von der getanzten Revolution – ist es eurer Meinung nach überfällig tanzend die Straßen zu füllen und mehr an der Gesellschaft mitzuwirken?
Torben: Das klingt ja fast utopisch!? Wir wären schon froh, wenn die Zombies da draußen endlich aufwachen würden und ihr Leben leben. 90% sind doch einfach nur noch Opfer, oder Menschenmüll.
AFL: Dieser Tage kommt man leider an einem Thema nicht vorbei, wie seht ihr die Weltpolitische Lage, gerade in Richtung USA?
Wie wichtig ist euch die Politik in der bzw. eurer Musik?
Torben: New World Order made by Donald Duck. Die Menschheit ist längst im 3.Weltkrieg.
Es ist zwar ein Phantomkrieg, aber er findet doch längst statt in Libyen, Palästina, Türkei, Mali, Ukraine, Syrien, Irak, Jordanien, Afrika, Afghanistan und nochmal so viele…
Die Welt schert am Abgrund entlang. Die Krise ist seit Jahrzehnten Normalzustand und das hat alle dumm und krank gemacht. Kaum mehr mündige Menschen da draußen, welche mit ihrem Denken Kreise geschlossen kriegen. Ganz nebenbei haben sie vorgestern bekanntgegeben in USA erfolgreich Chimären Mensch und Schwein gezüchtet. Der Hochmut ist seit Klonschaf Dolly gottgleich und dafür werden wir irgendwann alle bezahlen. Trump mischt jetzt cowboymäßig die Staaten auf. Mal sehen, ob das trägt. Zumindest ist er spannender, als die, bestimmt nicht weniger gefährliche Roboterfrau Clinton, die zum Silizium betet.
AFL: Ich lernte euch in den 90ern mit dem Album „Kein Schulterklopfen“ kennen. Klopft ihr euch manchmal auf die Schulter, wenn ihr so auf die Jahre mit RANTANPLAN zurückblickt? Seid ihr auch etwas stolz darauf?
Torben: Die Aktualität der alten Lieder macht mir eher Angst. Wir kamen, um anzuspitzen, doch heute ist alles stumpf. Wir waren nur ein Fliegenschiss und in der Größenordnung verändert man die Welt im Kleinen. Heute sind wir ein Mückenstich, doch wir hoffen, dass Deutschland uns aufkratzt. Denn wir jucken höllisch und die Infektion soll losgehen. Wir wären schon gerne eine echte Beule in der Kulturlandschaft, wie z.B. die Beatsteaks, oder Donots (lacht).
AFL: Wo wir gerade bei der guten und alten Zeit sind…wie sieht denn euer Kontakt zu Marcus oder anderen Ehemaligen aus? Kommt es manchmal noch zu kleinen gemeinsamen Spaß-Bandproben?
Torben: Die Frage ist niedlich. Danke dafür. Ich würde so gerne mit ins Disneyland, aber das sieht alles viel trockener aus.
Man sieht sich so zweimal im Jahr zufällig in der Hood, schreibt sich dreimal Emails und das wars.
AFL: Wie sieht denn euer Leben neben RANTANPLAN so aus…habt ihr noch andere Projekt?
Torben: Zum Glück können wir diese Frage wiederum bejaen. Hätten wir eben bejat, müsste man jetzt verneinen, da auch „Rantanplaner“ dem 24/7-stundentack untergeordnet sind. So rum ist’s besser, denn wir leben im jetzt und heute. Marlon trommelt noch bei NARCOLAPTIC, Kalle basst auch bei OUT OF STEP, Wido trötet bei den BIG BANDERS, wobei Gero da gerade ausgestiegen ist.
Unser Mercher Riddlin ist ein sauguter Reggae-Drummer und mit dem arbeite ich gerade an meinem nächsten Torben-Möller-Meissner-Album…, Benno ist gar nicht mehr dabei, sitzt aber trotzdem gerade neben mir im Tourbus, da er uns als DER WAHNSINN hier und da supportet.
AFL: Hört ihr privat auch Ska und Rock oder darf es da auch gerne mal die Harry Belafonte o.ä. sein?
Torben: Alles was gut ist. Ich liebe auch Klassik, Hip-Hop, Jazz, Country, etc. In jedem Bereich gibt es einige Magister Sounds und tonnenweise Crap.
AFL: Wie unterscheiden sich eure musikalischen Einflüsse auf eure Musik von damals und heute?
Torben: Gar nicht. Ich war damals genauso open-minded und hege immer noch den gleichen Anspruch, mir Musik durch ihre Theorie nicht madig machen zu lassen. Ich suche das Heilige dazwischen. Die mystische Kraft. Der Voodoo.
AFL: Ihr seid mit „Licht Und Schatten“ ja auch schwer unterwegs…gibt es da ein Konzert auf das ihr euch ganz besonders freut und wie aufgeregt seid ihr vor einer solch ausgedehnten Tour?
Torben: Jedes Konzert ist aufregend. Wir fokussieren immer die Gigs die anstehen. Das wäre heute Leipzig, morgen Dresden und Samstag Annaberg. Ich bin gespannt auf die Leute.
Etwas entspannter sehen wir dem Sommer entgegen. Es gibt doch nichts über geiles Wetter bei Freiluftmusik. Demnächst spielen wir einen Red Bull Promo-Gig 20.000 Fuß hoch im Learjet über Österreich, dem Fieber ich schon ein wenig entgegen.
AFL: Auf eurem aktuellen Album befindet sich auch wieder ein Lied, welches sich mit St.Pauli beschäftigt. Wie seht ihr das mit dem Lokalpatriotismus?
Ich persönlich sehe das eher etwas kritisch und finde es auch ehrlich gesagt irgendwann nervig…gerade in Bezug auf manche Ecken von Hamburg oder Berlin.
Torben: Das kann ich mittlerweile verstehen. Vor 20 Jahren war das ganz anders. Da hatte man es schwer mit deutschen Texten und alle Welt hat sich mit aller möglichen englischen Popmusik identifiziert, ohne dabei jedoch ein sinngemäßes Interesse daran zu haben, außer die totale Oberfläche.
Wir hatten dann einfach gesagt. Bleibt ihr mal in Euren verregneten englischen Köpfen, wir gehen aufm Kiez saufen: Hamburg, 8grad, Regen.
Heute ist ja alles anders. Jeder will in Hamburg, Berlin, oder Köln wohnen. Was für ein Schwachsinn. Und wohin diese entwurzelten Hutzeln uns mietpreistechnisch gebracht haben!? Scheiss Gentrifikation.
Heute schreibe ich FRANZ MACHT NACH HAMBURG.
Aber ich hab Verständnis dafür, das dir MEIN HERZ HÄNGT AN DER REEPERBAHN zu lokalpatriotisch ist. Hab ich mich ein wenig nostaligisch gehen lassen. Sorry für nix.
Berlin bringt mich um. Da kann ich nicht hin. Mein Lebensmittelpunkt ist halt St.Pauli und 99% der Urbanität vom übrigen Deutschland halte ich leider für vollkommen verschissen und unbewohnbar.
Ganz Deutschland ist eine Grauzone
AFL: Ein jedes Jahr zur Veröffentlichung der Festival-Line-Up´s startet wieder aufs Neue die Grauzonen-Diskussion…so sagten nun IGNITE beim Böhse-Onkelz-Festival ab und auch die ABSTÜRZENDEN BRIEFTAUBEN verabschiedeten sich vom Spirit-Of-The-Streets-Festival. Was haltet ihr von diesem Grauzonen-Thema? Seid ihr der Meinung, dass das Thema zu hochgebauscht wird und würdet ihr heute auch noch ein Festival absagen, wenn da neben vielen guten Bands auch eine Band wie KÄRBHOLZ oder UNANTASTBAR spielen würde? Oder würdet ihr sagen, „gerade darum spielen wir da, um denen nicht den Platz zu überlassen“? Ihr wart ja auch mal für das „Ehrlich und Laut Festival“ bestätigt, wenn ich mich recht erinnere, auf welchem mittlerweile mehr als eine zweifelhafte Band spielt.
Torben: Das ist ein leidiges, aber auch wichtiges und deutsches Thema. Wie du richtig feststellst, auch für uns erst letztes Jahr wieder brandaktuell gewesen. Rechte Kräfte versuchen seit je her, in den linken Underground zu sneaken. Mittlerweile mit Echo-tragenden Zugpferden und Massenevents.
Allerdings muss man immer Abwegen, denn es gibt durchaus Szenen, welche sich unpolitisch verstehen und es auch sind, wenn sie rechts auch nicht dulden.
Viele linksverbrämte Menschen schreien zu laut sofort diverse Unwahrheiten und sind schnell bereit alle möglichen Rufmord-Gerüchte ungeprüft weiterzustreuen. Das sind niedrige Würmer und beschäftigen dann Antifaschisten wie mich und Jahre mit der Aufräumarbeit ihres Mülls.
Wir haben ein gutes Netzwerk mit integren Leuten, welche uns vertrauensvoll zur Seite stehen. Im Falle von dem besagten Festival, hatten wir uns mit unseren Kumpels von den ABSTÜRZENDEN BRIEFTAUBEN kurzgeschlossen und direkt abgesagt.
By the way: Ganz Deutschland ist eine Grauzone.
AFL: Was ist für euch dieser Tage Licht und was ist Schatten, wenn ihr die Zeitungen aufschlagt und was würdet ihr denn am Liebsten morgen in der Zeitung lesen, wenn ihr es euch wünschen könntet?
Torben: Ich würde gerne lesen: Helene Fischer dauerhaft von Rantanplan aus den Charts verdrängt, oder Deutschland schwört den Waffeneid auf Torben Möller-Meissner. Das wäre Licht. Wenn es nicht gerade ein Fanzine, die Titanic, oder das MAD-Heft ist, schlägt man bei fast jeglicher Presse nur Schattenseiten auf. Denn auf vernünftige Zeilen wie, „Atomstrombetreiber müssen im Schadenfalle finanziell voll aufkommen“, oder „Autohersteller-Vorstände werden privat haftbar gemacht“, können wir warten, bis wir schwarz sind.
AFL: Vielen Dank für das mehr als passende Abschlussstatement…wir sehen uns auf Tour!
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