Nicht nur das große Rock am Ring hatte unter den Regenfällen der letzten Zeit zu leiden. Auch wenn das JUZ Illingen jetzt nicht ganz so stark betroffen war, so musste doch das erste Sommer-Open-Air 2016 des wohl schönsten Juzes des Saarlandes nach innen verlegt werden. Nicht ganz so dramatisch, haben die Veranstalter den Raum doch wie immer schön ausstaffiert. Ironischerweise regnete es den Abend dann aber gar nicht.
Fast pünktlich startete Degovic um kurz nach 20 Uhr mit dem Lied Der Größte. Er ist schon häufiger in Illingen aufgetreten und goutierte uns ein paar seiner selbst geschriebenen Songs und einiger Coverversionen. Unter den eigenen Liedern sticht natürlich Ass Rocket Love heraus, das er zur Hochzeit eines Punkrock-Paares geschrieben hatte und dessen männlicher Part, nämlich Christmas-Max auch heute zugegen war .Eine schöne Liebesgeschichte. Davon gabs später auch noch eine, jedoch vom darauf folgenden Act. Aber soweit sind wir noch nicht. Es folgte Nie so ganz, ein Senore-Martze Rossi- und ein Weakerthans-Cover. Gegen Ende des Gigs gab es leider einen Zwischenfall, den eine Seite riss und so konnte der Gute nicht weitermachen. Er bekam zwar eine Gitarre geliehen, verzichtete deswegen aber auf zwei eigene Songs und spielte nur noch das fantastische Jan-Hegenberg-Cover Schöne Frauen. Insgesamt ein solider Beginn und eine tolle Show des sympathischen Saarlouiser Liedermachers.
Forest Pooky ist ein Singer/Songwriter aus Ardèche ist nicht gerade das, was man als typischen Franzosen bezeichnen würde. Ich jedenfalls kennen nicht viele französische Bands, die ich gut finde. Aber Forest Pooky spielt alleine in fünf verschiedenen Bands verschiedener Genres und ist auch noch als Solokünstler unterwegs. Die Offenbarung, dass dies das einzige ist, was er macht (the thing he does for living) überrascht da nicht. Er befindet sich quasi ständig auf Tour (oder im Studio, oder auf einem „Road Trip“). Hier gilt es also für mich eine ganz neue Welt zu entdecken, den ich kannte vorher nix von ihm oder seinen anderen Bands. Forest Pooky, der ziemlich perfekt englisch ohne französischen Akzent spricht, eröffnete sein Set mit dem XTC-Cover Plans for Nigel. Es folgten danach sowohl eigene Songs, verschiedene Coverversionen seiner eigenen oder anderen Bands. Hervorstechend war sicherlich das Lemonheads-Cover Alison’s Starting To Happen und damit der zweite Punk-Love-Song des Abends. Grandios auch I hate xmas von seiner Band Sons of Buddha, mit einer schönen Ramones-Reminiszens (Second verse, different from the first mit Verweis auf Merry Xmas, I Don’t Wanna Fight Tonight). Natürlich wurde auch dieser Song Max von Christmas gewidmet, da sieht man mal, wie weit dessen band rumkommt. Auch toll: sein eigener Song I have been kidnapped by aliens they cut my hair, eine wahre Geschichte, wie er uns versicherte sowie A little blank spot in my neurotic transmission Überhaupt, sein Gerede zwischen den Songs, ich soll ihn ja nicht ermuntern, aber ich fand ihn ziemlich witzig. Ein sehr netter Mensch, wie ich beim Merch-Stand feststellen durfte und ein sehr umtriebiger Mensch. Dazu passt auch, dass er am nächsten Tag einen Spontan-Gig in Wallys Irish Pub in Saarbrücken absolvierte.
So, was mach ich nun mit Redensart, dem Headliner des Abends… Bei meinem letzte Review wurde mein Geschreibsel als „unverschämt“ kritisiert, ich solle „objektiv bleiben“ und das „das KÖNNEN der Bands in betracht ziehen“. Nunja, was soll ich machen? Objektivität ist meines Erachtens eine Lüge. Ich kann nur das Beschreiben, was ich fühle, wenn ich Musik höre oder live betrachte. Das eine Band handwerklich gut Musik macht, setze ich Voraus, sonst hätte sie nicht die Möglichkeit aufzutreten. Aber Musik ist eben kein Handwerk, sondern eher ein Kopf-und-Bauchding. Man kann handwerklich perfekte Musik machen, aber wenn ich die nicht fühle, kann ichs nicht schön schreiben. Ich verstehe das ja auch, niemand liest gerne, das seine Musik in den Augen des Rezensenten schlecht ist. Langer Rede, kurzer Sinn: Redensart konnte ich leider nicht fühlen. das war mir zu poppig und zu wenig mitreißend. Mir fehlen da Ecken und Kanten. Das heißt nicht, dass die Band unbedingt schlecht war. Eben nicht mein Fall. Sie mögen es mir verzeihen und gaben sich beim Rest des Publikums bis etwa 23 Uhr die allergrößte Mühe andere Gefühle zu erwecken und den verbliebenen Menschen eine gut Show zu liefern. Musikalisch und textlich wie gesagt sehr poppig, auch nicht wirklich songwriterlastig, eher so AmenMeyKantereit mäßig, allerdings ohne den rauhen Gesang. Im Ox-Review, das in etwa meinen Geschmack widerspiegelt (wie objektiv ist das denn?) fallen auch Vergleiche zu Madsen und Revolverheld. Nun, ich glaube, schlimmer kann ich das auch nicht beschreiben und ich höre an dieser Stelle auf.
Wer bis jetzt noch weitergelesen hat: Forest Pooky hat ganz viel Mucke auf seiner Bandcamp-Seite., teilweise für umme, aber lasst dem netten Herren doch einen kleinen Obolus zukommen. An das JUZ wie immer danke für einen sehr netten Abend mit alten Bekannten.